Berlin, 28. Januar 2025. Homöopathie im Himalaya. Auf einer Tour durch das Gebirge wurden Dr. Ulf Riker und ein Freund gebeten, einem Patienten zu helfen. Ausgestattet mit viel Wissen und wenig (homöopathischen) Arzneimitteln machten sich der Internist ans Werk, um dem älteren Herrn von seinen Schmerzen zu befreien. Wie das gelang, erzählt Dr. Riker in diesem Bericht.
Der etwa 60-jährige Patient lebt in einem Dorf in Ladakh im Norden Indiens. Er hatte vor über einem Jahr eine Gürtelrose rechts am Rücken durchgemacht, die inzwischen wieder abgeheilt war. Geblieben war eine heftige Neuralgie, wie sie nach Herpes-zoster-Infektionen nicht selten auftritt. Ich war mit einem Freund in Ladakh unterwegs, um dort buddhistische Klöster zu besuchen. Man bat uns zu versuchen, dem Mann gegen seine Schmerzen zu helfen, wir hatten aber nur eine relativ kleine Auswahl an homöopathischen Arzneien bei uns.
Am Rücken sah man in einem handflächenbreiten Streifen die abgeheilten Hautstellen, an denen sich ursprünglich die typischen Herpesbläschen gezeigt hatten. Die Haut war dort weißlich gefleckt, was auf der eher dunkleren Pigmentierung der Haut des Patienten besonders auffiel. Die Schmerzen waren teilweise brennend, teilweise auch stechend. Der Schmerz nahm beim Kaltwerden der Haut bzw. bei äußerer Kälte stark zu und wurde in der Wärme deutlich besser. Deshalb blieb der Patient am liebsten neben dem einzigen und mit Yak-Dung geheizten Ofen des kleinen Hauses sitzen. Nachts war der Schmerz deutlich schlimmer als tags. Außerdem juckte die Haut in dieser Region stark.
Homöopathie im Himalaya – ausgerüstet mit einer Reiseapotheke, aber ohne Repertorium
Natürlich hatten wir kein homöopathisches Repertorium in unseren Rucksäcken, waren also auf das angewiesen, was wir aus dem Gedächtnis wussten. Idealerweise sollte eine Arznei in Frage kommen, die wir auch in unserer homöopathischen Reiseapotheke (ca. 30 Mittel) zur Verfügung hatten. Also: welche Mittel kommen bei Gürtelrose grundsätzlich in Betracht? Mezereum, Rhus toxicodendron, Ranunculus bulbosus, Lachesis und Clematis, Sepia und Natrium muriaticum vielleicht… vielleicht aber auch Arsenicum album oder Graphit?
Das Problem war: das Stadium der eigentlichen Gürtelrose lag längst zurück, war also nicht mehr das, was eigentlich zu heilen war.
Welche Mittel passen zu „brennendem Schmerz“: Na klar, dass kennen wir von Arsenicum album, Apis, Causticum, Iris, Mercurius, Rhus toxicodendron. Und Sulfur nicht zu vergessen! Und die Kälte-Verschlimmerung der Schmerzen bzw. die Wärmebesserung? Na ja, wir beratschlagten, dachten natürlich an Arsenicum album oder ein paar Kaliumsalze, an Rhus toxicodendron, Sepia oder Silicea – und waren uns nicht wirklich sicher. Ohne Buch oder homöopathisches Computerprogramm.
War da noch etwas? Ja natürlich, die weißen Flecke auf der Haut an den Stellen der ehemaligen Herpesbläschen. Weiße Flecke? Haut, Farbe Weiß, fleckig? Wir erinnerten uns an die „Weißen Flecke auf den Nägeln“ bei Silicea, und ganz vage hatten wir in Erinnerung, in dieser Rubrik auch mal Arsenicum album gesehen zu haben. Aber sicher waren wir uns nicht (denn auch der relative Sauerstoffmangel in einer Gebirgshöhe von ca. 3.600 m behinderte unser Denk- und Erinnerungsvermögen).
Homöopathie im Himalaya – die Symptome sprachen für Arsenicum
Was also tun? Rhus tox. hatten wir dabei, aber das Stadium der Bläschen lag ja wie gesagt schon mehr als 1 Jahr zurück. Ranunculus bulbosus hatten wir nicht, Iris auch nicht, dafür Sepia und Silicea – natürlich! Wir beobachteten den Mann, während wir mit seinem Sohn (in Englisch) sprachen: er war ernst, beobachtete uns sehr genau, irgendwie fühlten wir uns von ihm beobachtet, vielleicht auch kontrolliert, und er hatte eine Schale Buttertee vor sich, die er nach jedem kleinen Schlückchen sorgfältig wieder absetzte, um sie dann mit beiden Händen in eine nur ihm plausibel scheinende Ordnung zu drehen. Und dann war da noch die Verschlimmerung der Schmerzen nachts…
Wir entschieden uns für Arsenicum album und überließen ihm auf einem kleinen Tellerchen die Hälfte unserer Globuli in C 30. Die andere Hälfte wollten wir behalten für den Fall, dass wir – in Indien! – selbst noch einmal in die Situation kommen sollten, Arsen als typisches Mittel gegen Brechdurchfall zu brauchen.
Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt: nach zwei Wochen, gegen Ende unserer Reise, nahmen wir mit einem Nachbarn des Patienten über Handy noch einmal Kontakt auf. So erfuhren wir, dass unser Patient inzwischen alle Globuli genommen hatte, dass der Schmerz nach wenigen Tagen zurück ging, verschwand und auch nicht wieder kam. Idealerweise hätten wir ihm natürlich noch eine höhere Potenz (z.B. C 200) überlassen können – für den Fall eines Rückfalles. Aber wir hatten keine höhere Potenz dabei und mussten hoffen, dass es ihm weiter gut ging.
Zuhause wurde mit dem Computer nachgearbeitet
Zurück in München habe ich den Fall mit meinem Computerprogramm nachbearbeitet mit folgendem Ergebnis:
- Rücken – Hautauschläge – Herpes zoster
- Haut – Schmerz – brennend
- Haut – Schmerz – nachts
- Allgemeines – Wärme – bessert / Warmer Ofen bessert
- Haut – Verfärbung – weiß – Flecken
- Haut – Jucken – ohne Hautausschlag
Arsenicum album deckt diese Symptome am besten ab, mit Abstand gefolgt von Silicea, Mercurius, Sulfur und Rhus tox. Allerdings ist diese Symptomauswahl nicht ganz korrekt, weil das Stadium des Ausschlages (Herpesbläschen) schon seit Langem gar nicht mehr besteht. Dennoch darf man überlegen, ob es eine Arznei gibt, die auch das Anfangsstadium der Erkrankung in ihrem Symptomenmosaik abgebildet hätte. Also: auch ohne Bücher und bei eingeschränkter Arzneiauswahl waren wir gar nicht so schlecht gewesen.
Ich widme diese Fallgeschichte meinem leider viel zu früh verstorbenen Freund, Heilpraktiker mit sehr guter homöopathischer Ausbildung, Osteopathen und Himalaya-Begleiter, Sören Gutschmidt.
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Text Thema: Homöopathie im Himalaya – eine besondere Fallgeschichte
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