Ein Netzwerk von Ärzten und Wissenschaftlern zur Aufklärung über Forschung in der Homöopathie, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), beantwortet zentrale und häufig gestellte Fragen. Anlass ist der neue Forschungsreader „Der aktuelle Stand der Forschung zur Homöopathie“ (Download):
Die Analyse bietet eine Übersicht zur Versorgungsforschung, Randomisierte kontrollierte klinische Studien, Meta-Analysen und Grundlagenforschung. – Mit Beiträgen von Klaus von Ammon, Stephan Baumgartner, Jens Behnke, Martin Frei- Erb, Curt Kösters, Michael Teut und Loredana Torchetti.
Weshalb wurde dieser Forschungsbericht verfasst?
In der Presse ist in den letzten Jahren immer wieder zu lesen gewesen, dass es „keine positiven Studien zur Homöopathie gibt“, oder dass es belegt sei, dass Homöopathie eine „Scheintherapie“ sei. Dieser Forschungsreader fasst für die Öffentlichkeit die Ergebnisse aus 300 klinischen Studien und etwa 1800 Experimenten aus der Grundlagenforschung zur Homöopathie zusammen. Da dieser Forschungsreader erfreulicherweise auf sehr viel Interesse gestoßen ist, gehen wir im Folgenden auf einige der dabei aufgeworfenen Fragen ein:
Was sind die wichtigsten Ergebnisse zur Forschung in der Homöopathie?
Es gibt eine Vielzahl von positiven randomisierten klinischen Studien, die eine Überlegenheit der Homöopathie gegenüber Placebo zeigen. Auch wenn wann man nur die methodisch hochwertigen placebokontrollierten Studien zur individualisieren Homöopathie herausgreift, zeigt sich ein positives Ergebnis. Vier von fünf Metaanalysen (systematische Übersichtsarbeiten, die auf der Basis von Originaldaten eine zusammenfassende Wirksamkeit statistisch ermitteln) zeigen eine Überlegenheit der Homöopathie als Therapiesystem gegenüber Placebo. Die neueste Metaanalyse von Mathie (2014) zeigt auch nach Cochrane Kriterien ein positives Ergebnis für individualisierte Homöopathie. Angewendet unter Alltagsbedingungen in der Praxis (Versorgungsforschung) wird konsistent in den meisten Studien eine Verbesserung von Beschwerden und Lebensqualität durch homöopathische Ärzte berichtet. In der Hälfte aller ökonomischen Analysen werden Kostenersparnisse dokumentiert. Besonders interessant ist der Bericht über die Grundlagenforschung. Wenigen Menschen ist bekannt, dass es weit über tausend Experimente gibt, mittlerweile Versuchssysteme an Zellkulturen, Tieren und Pflanzen, die Effekte von Hochpotenzen zeigen (einzelne Studien wurden von anderen Forschern erfolgreich repliziert).
Ist damit die Homöopathie wissenschaftlich bewiesen?
„Die Homöopathie“ lässt sich ebenso wenig beweisen wie „die konventionelle Pharmakologie“. Beweisen (oder genauer: Belegen) lassen sich wissenschaftlich immer nur einzelne Postulate – und selbst dabei sind Einschränkungen notwendig. Tatsächlich gibt es in der klinischen Forschung keine einzige Studie, die etwas zweifelsfrei belegt. Der methodisch bedingte Zweifel wird als P-Wert angegeben, und kann auch durch Meta- Analysen nur reduziert, jedoch nie vollständig ausgeräumt werden. Beweise im strengen Sinne des Wortes gibt es nicht in der empirischen Forschung. Beweise gibt es nur in der Mathematik und der formalen Logik; in der Forschung gibt es grundsätzlich immer nur Hinweise, deutliche Hinweise oder Belege – und es gibt eine Verständigung darüber, welche Belege als hinreichend betrachtet werden. Die Gesamtheit der vorliegenden Daten zeigt eine klinische Wirksamkeit der Homöopathie und spricht für eine spezifische Arzneiwirkung. 2 Ob diese Belege als hinreichend gesehen werden, liegt offenbar im Auge des Betrachters: Da die Wirkung hochpotenzierter Substanzen nicht anhand einfacher chemischer Modelle verstehbar ist, besitzen die Nachweise aus vielen Studien und Laborexperimenten für viele Mediziner und Medizin-Forscher prinzipiell keine ausreichende Überzeugungskraft.
Ist die Wirksamkeit der Homöopathie belegt?
In dem Bericht wird geschlussfolgert, dass der therapeutische Nutzen der homöopathischen Behandlung als Gesamtkonzept (effectiveness) hinreichend belegt ist. Darüber hinaus wird eine spezifische Wirksamkeit (efficacy) von Hochpotenzen in vielen klinischen Studien und Experimenten aus der Grundlagenforschung gezeigt. Um den genauen Wirkmechanismus besser zu verstehen, ist jedoch weitere Forschung notwendig.
Sind die Studien, die zitiert werden, verlässlich?
Alle Studien sind in wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit Gutachterverfahren veröffentlicht. Das entspricht den üblichen wissenschaftlichen Standards. Die Qualität der eingeschlossenen Studien ist allerdings heterogen. Aber auch qualitativ hochwertige Studien zeigen positive Ergebnisse. Alle zitierten Studien können recherchiert werden, z.B. über die Datenbank Pubmed.
Sind methodische Einwände gegen diese Studien bekannt?
Ernst zu nehmende Einwände sind uns nicht bekannt. Die Homöopathie ist ein heiß umstrittenes Thema und es gibt daher sicherlich keine positive Studie zur Homöopathie, die nicht auf irgendeiner Website als völlig unseriös dargestellt wird. Wissenschaftlich relevant ist das nicht. Das übliche Vorgehen bei wissenschaftlichen Bedenken ist, dass zunächst die Autoren der entsprechenden Arbeit direkt mit entsprechenden begründeten Hinweisen konfrontiert werden. Spätestens wenn von den Autoren keine (oder keine zufriedenstellende) Antwort kommt, wird die wissenschaftliche Zeitschrift kontaktiert, die die jeweilige Arbeit veröffentlicht hat und um Klärung des Sachverhaltes gebeten. Üblicherweise versucht diese Zeitschrift die Sachlage zu klären. Bei begründeten Hinweisen auf schwerwiegende methodische Fehler oder ein wissenschaftliches Fehlverhalten wird der entsprechende Artikel zurückgezogen. – Das war bei keiner der zitierten Arbeiten der Fall.
Warum gehen Sie nicht auf den australischen Homöopathie-Report ein?
Hierbei handelt es sich nicht um eine Metaanalyse, sondern nur um eine systematische Literaturrecherche, die nicht in einem peer-reviewed Journal publiziert worden ist. In unserem Bericht wurden nur Metaanalysen ausgewählt, da diese die höchste Evidenz haben. Da in dem australischen Report Homöopathie Studien mit weniger als 150 Teilnehmern ausgeschlossen wurden, wurde ein großer Teil der Daten zur Homöopathie gar nicht ausgewertet. Bis heute ist keine rationale Begründung bekannt, warum die Autoren den Cut-Off bei 150 Teilnehmern gesetzt haben.
Quelle: Präsidium der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (WissHom), Köthen (Anhalt), im Juni 2016