Ein Interview mit Detlef Schreiber, Facharzt für Allgemeinmedizin / Homöopathie, Berlin.
Welche Schilddrüsenerkrankungen lassen sich homöopathisch behandeln?
Sowohl eine Über- als auch eine Unterfunktion lassen sich homöopathisch gut behandeln – schwieriger ist dies bei einer Schilddrüsenentzündung, sowohl homöopathisch als auch konventionell. Das ist eine Autoimmunerkrankung, die sehr langwierig, leider auch schlecht erforscht ist. Trotz allem würde ich zu einer homöopathischen Behandlung raten, da die Erfahrung zeigt, dass sich die Antikörper so deutlich verringern lassen.
Wie sehen die konventionellen Behandlungsmethoden aus?
Das lässt sich schnell beantworten: Bei einer Überfunktion wird die Schilddrüse entweder medikamentös blockiert oder durch eine Radiojodtherapie werden die für die Hormonproduktion wichtigen Zellen zerstört. Bei einer Unterfunktion müssen Hormone zugeführt werden – ein Leben lang und sehr häufig in ansteigender Dosierung.
Lässt sich diese Hormongabe durch eine homöopathische Behandlung begrenzen?
Ja, das lässt sich nicht nur begrenzen, sondern – aus meiner Erfahrung – auch umkehren. Durch die homöopathische Behandlung kann die Hormongabe reduziert bzw. ganz eingestellt werden. Ein langsames Ausschleichen ist möglich, aber: Ich setze nie Medikamente einfach ab, ich beobachte die jeweilige Wirkung und kontrolliere die Laborwerte.
Oftmals wissen Patienten nichts von ihrer Erkrankung, leiden aber unter den Folgesymptomen. Stoßen Sie während einer homöopathischen Anamnese oft durch Zufall auf eine Schilddrüsenerkrankung?
Schilddrüsenerkrankungen werden zumeist zufällig diagnostiziert, entweder, weil der Patient an Symptomen leidet, die daraufhin weisen oder auch, weil ich den Verdachte habe und eine Blutprobe ins Labor gebe, die dies dann bestätigt. Ja, es ist oft so, dass sich durch die Anamnese eine Symptomatik ergibt, die dann auf eine ernstzunehmende Erkrankung weist.
Wann ist eine Schilddrüsenoperation sinnvoll?
Eine Überfunktion wird normalerweise mit Medikamenten behandelt und wenn das nicht klappt, kann operiert werden oder es kommt die Radiojodtherapie zum Einsatz – beides hat deutliche Folgen. Eine Operation kann den Temperaturhaushalt durcheinander bringen, ständiges Frieren, Energiemangel, Depressionen können die Folgen eines solchen Eingriffs sein. Der Körper braucht oft sehr lange, bis er wieder im Gleichgewicht ist und muss ständig mit Hormongaben von außen reguliert werden. Deshalb empfehle ich in jedem Fall eine homöopathische Behandlung.
Wie können Patienten zum Beispiel eine Schilddrüsenentzündung selber behandeln?
Ich würde hier von einer Selbstmedikation abraten. Die Fähigkeit sich selbst zu erkennen, damit auch das richtige Mittel zu finden, ist sehr begrenzt. Schlicht auf bewährte Indikationen zu setzen, wie etwa Jod, führt selten zum Erfolg.
Ist Jodzufuhr sinnvoll?
Da muss ich grundsätzlich drauf eingehen. Die Idee, dass der Organismus ein selbstregulierendes System ist, wird immer mehr in Frage gestellt. Die Tendenz, dem Organismus die Selbstregulation abzusprechen, und von außen Dinge hinzuzufügen, wird immer größer. Das wird Prävention genannt, ist aber keine. Ich bin davon überzeugt, dass wir bei einer einigermaßen ausgewogenen Ernährung alle Stoffe zu uns nehmen, die der Organismus benötigt. Wenn die Selbstregulation aus dem Ruder läuft, muss sie von außen unterstützt werden, das ist richtig. Aber nicht durch Jod, sondern durch eine homöopathische Behandlung.
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