Ein Interview mit Christoph Laurentius – Homöopathischer Arzt.
Herr Laurentius, bei einer konventionellen Behandlung von Asthma bronchiale wird in der Regel mit einer Kombination von Medikamenten gearbeitet, die für die Betroffenen oft belastend sein können. Kann man bei der Behandlung ohne sie auskommen?
Wenn die Patienten schon mit dieser Medikation in die Praxis kommen, lasse ich sie erst einmal weiter laufen. Im weiteren Verlauf kann man dann, wenn sich die Situation stabilisiert hat, die Medikamente langsam ausschleichen. Das Ziel der homöopathischen Behandlung ist es, möglichst ohne zusätzliche Medikation auskommen zu können.
Welche Rolle kann die Homöopathie bei der Behandlung von Menschen mit Asthma bronchiale spielen?
Die Homöopathie kann die konventionelle Therapie ersetzen. Da die Patienten meist schon über einen langen Zeitraum Medikamente einnehmen werden diese zu Beginn der Behandlung beibehalten. In der Regel wird das Notfall-Spray seltener oder gar nicht mehr benötigt. Die Dauertherapie mit dem Kortisonspray kann man im Verlauf reduzieren und dann ganz absetzen.
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen allergischen Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Asthma bronchiale?
Da gibt es einen direkten Zusammenhang. Viele Kinder und Erwachsene, die mit Neurodermitis zu tun haben oder hatten, entwickeln später häufig einen Heuschnupfen oder oftmals ein Asthma bronchiale. Meist geht das damit einher, dass die Hautbeschwerden besser werden oder durch schulmedizinische Medikamente unterdrückt worden sind. Es kommt dann zu einer Verlagerung der Symptomatik.
Wie kommt es zu einem sogenannten „Etagenwechsel“ der Krankheit? Was versteht man darunter?
Unter einen „Etagenwechsel“ versteht man eine Symptomverschiebung. So kann ein Heuschnupfen, der zwar lästig aber nicht bedrohlich ist, vom Nasen-Rachen-Raum in die Lunge „herunterwandern“ und ein allergisches Asthma auslösen. Die Krankheit erreicht eine tiefere und bedrohlichere Ebene. Die Patienten leiden dann teilweise massiv unter akuter Luftnot. Man muss dazu sagen, dass ein akuter Asthma-Anfall auch heute noch tödlich enden kann, auch heutzutage sterben Menschen an ihrem Asthma. Das ist eine Tatsache, die häufig von Patienten aber auch von der Allgemeinheit nicht wahrgenommen wird.
Bei einer homöopathischen Behandlung von Asthma treten die Symptome dann manchmal in umgekehrter Reihenfolge wieder auf. Wenn das Asthma besser wird, tritt gelegentlich der Heuschnupfen wieder auf, auch die Hauterscheinungen kommen gegebenenfalls zurück. Das wird von vielen als unangenehmer empfunden als die lediglich gelegentlich auftretende Luftnot. Nicht berücksichtigend, dass sie sich mit dem Asthma einerseits vital gefährden und zum anderen eine chronisch entzündliche Lungenerkrankung haben, die auf Dauer und mit steigendem Alter die Lebensqualität erheblich einschränkt. Es ist eine echte Herausforderung für den Homöopathen den Patienten so zu leiten, dass er die Phasen mit den subjektiv unangenehmeren Symptomen gut übersteht. Es kann aber auch eine einfache und glatt verlaufende Behandlung geben.
Was passiert Ihrer Meinung nach, wenn die Symptome von Asthma bronchiale systematisch unterdrückt werden?
Ein weiterer „Etagenwechsel“ der Krankheit wird von der Schulmedizin nicht gesehen. Homöopathisch beobachte ich schon, dass Patienten nach einer unterdrückenden Behandlung von Asthma bronchiale beispielsweise eine chronisch entzündliche Darmentzündung oder psychische Symptome entwickeln.
Wieso tritt die Krankheit so oft bei Kindern auf?
Das Asthma Bronchiale ist generell keine Erkrankung, die auf ein Lebensalter beschränkt ist, es kann auch im hohen Alter noch auftreten. Bei Kindern ist das Immunsystem noch sehr labil ausgebildet. Insofern tritt Asthma bei Kindern häufiger auf. Bei Situationen mit gehäuften Infekten begleitet von pfeifender Atmung wird im Laufe der Zeit häufig die Diagnose Asthma gestellt. Kinder sind oft von Asthma bronchiale betroffen, da Allergien bei Kindern generell in ihrer Häufigkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen haben. Die Ursachen sind multifaktoriell, es gibt zahlreiche Erklärungsmodelle, wieso das so ist – man kennt die genauen Ursachen bis heute definitiv nicht. Vermutlich spielen Umweltbelastungen und die Ernährung dabei eine Rolle.
Welches Ziel hat die homöopathische Behandlung von Asthma bronchiale? – Ist es, wie gewöhnlich, das reibungslose „Asthma-Management“?
Jeder, der mit einem Asthma bronchiale zu mir kommt, ist in der Regel schon Experte in seiner Krankheit. Meist haben die Patienten schon die normale Medizin durchlaufen, sie haben ihre inhalativen Medikamente und ihren Peak-Flow. Und sie sollen, was ihre Erkrankung betrifft auch, Spezialisten bleiben. In der homöopathischen Therapie geht es aber definitiv darum, dass die Patienten in ihrer individuellen Freiheit gestärkt werden. Das Ziel ist es die Patienten von ihren Medikamenten zu befreien, und zwar so, dass sie ein beschwerdefreies Leben führen können.
Wie unterscheidet sich das Vorgehen eines homöopathischen Arztes von dem eines konventionellen Mediziners bei Asthma bronchiale?
Das Vorgehen ist zu Beginn der Behandlung wenig unterschiedlich. Meine Patienten müssen, wie bei einem konventionellen Lungenfacharzt, täglich ihre Peak-Flow Messungen machen, und müssen jederzeit ihr Notfallmedikament griffbereit haben. Der Unterschied liegt vielmehr im ganzheitlichen Ansatz der Homöopathie. Ich möchte nicht nur, dass die Asthma-Symptome nachweißlich gebessert sind, sondern dass sich auch andere Beschwerden im Laufe der Zeit verbessern. Ob das auf psychischer Ebene ist, oder ob es die ebenfalls bestehende Akne ist, alles wird mit behandelt werden. Das ist in der Schulmedizin nicht so. Da geht man zum Lungenfacharzt, der die Lunge behandelt, und für die anderen Beschwerden ist dann der Hautarzt oder der Psychiater zuständig.
Kann Asthma bronchiale, eine chronische Entzündung der unteren Atemwege, Ihrer Erfahrung nach erfolgreich homöopathisch geheilt werden?
Das hängt von der vorhergehenden Dauer des Asthmas und der Gesamtsymptomatik des Patienten ab. Ich habe Fälle in meiner Praxis, wo ich sagen kann: Nach fünf Jahren ist kein Asthma-Anfall mehr aufgetreten.
Welche Gefahren birgt eine homöopathische Behandlung von Asthma bronchiale? Ist bei dieser Krankheit, an der noch immer etwa 2000 Menschen im Jahr sterben, die Pharmakotherapie nicht die sicherste Variante?
Es gibt kein erhöhtes Gefahrenpotenzial durch eine homöopathische Behandlung. Ich erwarte von meinen Patienten, dass sie auch weiterhin regelmäßig mit ihrem Lungenfacharzt Kontakt aufnehmen. Der sieht dann selber, dass sich die Situation verbessert, auch wenn ich die Dauertherapie mit Kortison absetze. Diese schützt nicht vor einem Asthma-Anfall, sondern unterdrückt nur die Entzündungsreaktion in den Bronchien.
Gerade bei Patienten mit chronischer Erkrankung ist die enge Zusammenarbeit mit dem Lungenfacharzt wichtig, um Risiken zu minimieren – vier Augen sehen einfach mehr. Es geht nicht darum, die Homöopathie als allein glückselig machende Therapie darzustellen, sondern darum, dass das Beste für den Patienten dabei herauskommt.
Wie kann ich einem Asthma bronchiale – auch bei meinem Kind – vorbeugen?
Die richtige homöopathische Therapie vermeidet häufig das Auftreten von allergischen Erkrankungen. Man sollte schauen, ob es bereits in der Familie, bei Eltern und Großeltern, allergische Belastungen oder Asthma gab. In diesem Fall sollte man möglichst frühzeitig eine homöopathische Therapie anstreben, damit das Kind gar nicht erst allergisch auf seine Umwelt reagieren muss.
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