Die Homöopathie ist europaweit die am zweithäufigsten angewendete komplementärmedizinische Methode. Es gibt inzwischen rund 45.000 Ärztinnen und Ärzte, die eine homöopathische Zusatzausbildung führen und die Homöopathie in ihrer täglichen Praxis anwenden. Vor allem in Österreich, Frankreich und Deutschland ist die Homöopathie sehr stark. Wie aktuelle Meinungsumfragen bestätigen, wächst die Beliebtheit stetig, selten zuvor haben so viele Menschen auf Homöopathie gesetzt. Ein detaillierter Blick auf diese Länder lohnt sich.
Österreicher empfehlen die Homöopathie
In Österreiche ist die Homöopathie im Aufwind. Im Jahr 2017 haben 62 Prozent der Österreicher homöopathische Arzneimittel verwendet, in den Jahren zuvor lag dieser Wert noch bei 50 Prozent. Es gibt jedoch regionale Unterschiede: Schlusslichter in der Beliebtheitsskala sind Wien und Vorarlberg. Das Vertrauen und das Wissen über Homöopathie sind hoch. 86 Prozent der Bevölkerung würden einem erkrankten Freund oder Familienmitglied eine homöopathische Therapie empfehlen, sofern sie über ausreichende Kenntnisse verfügen. Das Konzept der integrativen Medizin überzeugt auch die österreichische Bevölkerung, 88 Prozent vertreten die Ansicht, Homöopathie und die konventionelle Medizin sollten Hand in Hand angewendet werden. Die Zeiten des entweder- oder sind vorbei. Unter den komplementärmedizinischen Heilmethoden rangiert die Homöopathie bezüglich Bekanntheitsgrad und Anwendungshäufigkeit nach wie vor auf Platz 1.
Uni Wien streicht Homöopathie, Uni Linz führt sie ein
Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK vom Februar 2018. Trotz dieser großen Beliebtheit wird die Homöopathie auch in der Alpenrepublik diskutiert. Die medizinische Universität Wien hat das bei Studierenden beliebte und gut besuchte Wahlfach Homöopathie bei laufendem Betrieb abgesetzt und die Studierenden von der Lehrveranstaltung abgemeldet. In der Tageszeitung Standard begründet Rektor Prof. Markus Müller diesen Schritt damit, dass sich „die Med-Uni von unwissenschaftlichen Verfahren und Scharlatanerie klar distanziert“. Österreich erlebt nun eine breite, öffentliche, oft sehr unsachliche Diskussion über Homöopathie, in der Johannes Steinhart, Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer, die Position der homöopathischen Ärzte in Österreich stützt. Er sagte, dass „Ärztinnen und Ärzte exzellent aus- und weitergebildet [sind] und sehr gut beurteilen [können], ob ein Homöopathikum im Rahmen einer Behandlung eine potenziell günstige Rolle spielen kann.“
Auch die Universität Linz spricht für die integrative Medizin, zu der die Homöopathie gehört, aus. Sie richtet erstmals das Wahlmodul Komplementärmedizin ein. Die „Lehrveranstaltung wurde von unseren Studenten bei einer Bedarfserhebung extrem nachgefragt“, sagt Univ.-Prof. Andrea Olschewski, Vizerektorin für Medizin in Linz einer Zeitung. Die Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin (ÖGHM) fordert, „dass Komplementärmedizin zum Wohle der Patienten und Patientinnen und im Sinne einer Integrativen Medizin und entsprechend der Forderung im Paragraph 2 des Universitätsgesetzes nach ´Freiheit der Wissenschaften und ihrer Lehre` an den Universitäten weiter unterrichtet und aktiv beforscht wird.“
Franzosen setzen auf ein Miteinander unterschiedlicher Therapien
Auch in Frankreich ist die Zustimmung zur Homöopathie hoch. Eine aktuelle Umfrage des Ipsos-Instituts zeigt, dass bereits 77 Prozent der Franzosen homöopathische Arzneien genutzt haben, 72 Prozent haben positive Erfahrung mit ihr gemacht. Ähnlich wie in Österreich möchten sich die Patienten auch in Frankreich nicht zwischen der konventionellen Medizin und der Homöopathie entscheiden müssen, sie setzen auf ein Miteinander der unterschiedlichen Therapierichtungen. Das Konzept der Integrativen Medizin wird von 71 Prozent der Franzosen geschätzt. Doch auch in Frankreich läuft eine Diskussion über die Homöopathie. Ähnlich wie in Österreich oder Deutschland wenden Kritiker in diesem Kontext auch „Kriegsmetaphorik“ ein und versuchen, Ärzte zu verunglimpfen. „Diese Darstellung geht an der Arbeitsrealität von Ärzten ebenso vorbei wie an den Bedürfnissen der Bürger“, erklärt dazu Cornelia Bajic, 1. Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Homöopathische Ärzte arbeiteten täglich mit anderen Fachärzten zusammen, so Bajic, „die Methoden gehen gut Hand in Hand, und die Zusammenarbeit ist von gegenseitigem Respekt geprägt“.
Das französische Gesundheitsministerium hat angekündigt, die Homöopathie im kommenden Jahr auf ihre wissenschaftliche Wirksamkeit hin zu prüfen. Dabei solle das Ministerium alle drei Säulen der modernen evidenzbasierten Medizin (EbM) mit einbeziehen, empfiehlt Bajic, „die klinische Forschung inklusive Beobachtungsstudien, die Erfahrungen der Ärzte und die Patientenpräferenz sind die Grundlage der EbM.“ In der Schweiz hatte eine Diskussion auf dieser Grundlage dazu geführt, dass die Homöopathie seit Mitte 2017 voll von der obligatorischen Grundversicherung übernommen wird.
Deutsche wünschen sich ein „Hand in Hand“ der Methoden
Auch in Deutschland erfreut sich die Homöopathie einer hohen Beliebtheit, mit ähnlich guten Werten wie in den Nachbarländern. Eine repräsentative Umfrage vom Frühjahr 2018 zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen Erfahrung mit Homöopathie hat, 56 Prozent haben bereits homöopathische Arzneimittel für sich und/oder andere verwendet. 72 Prozent der Patienten in Deutschland sind mit Wirksamkeit und Verträglichkeit der Homöopathie zufrieden, das besagt eine repräsentative Forsa-Befragung aus dem Jahr 2017. Und auch die Deutschen wollen eine integrative Medizin: 75 Prozent befürworten das Miteinander von Schul- und komplementärer Medizin. „Wir arbeiten täglich dafür, diese Zielsetzung im deutschen Gesundheitswesen durchzusetzen“, erklärt Bajic. Auch wenn es in Deutschland vor diesem Hintergrund in einigen Medien Anfeindungen gegen die Homöopathie und eine integrative Medizin in Deutschland gebe, ist für Bajic sicher: „Die Zukunft der Medizin – in Deutschland wie in Europa – ist integrativ. Wir unterscheiden da ganz bewusst zwischen der öffentlichen Meinung der Bürger und der Veröffentlichten Meinung einiger Medien“.
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