„Schmerztherapie auf dem aktuellsten Stand mit den neuesten Erkenntnissen der Grundlagenforschung! Lernen Sie die relevanten schulmedizinischen und integrativen Verfahren kennen und verstehen. Die Methoden sind zur direkten Umsetzung in die tägliche Praxis geeignet.“ Mit diesen Worten informiert der Haug-Verlag über ein neues Fachbuch, das zum Standardwerk der Schmerztherapie werden könnte. 

Lehrbuch_Integrative_Schmerztherapie

In ihrem „Lehrbuch Integrative Schmerztherapie“ haben Prof. Lorenz Fischer und Dr. med. Elmar T. Peuker wichtige Vertreter der konventionellen Schmerztherapie aber auch komplementärer Verfahren wie z. B. Akupunktur, Neuraltherapie, Homöopathie, Manuelle Therapie etc. in einem Buch vereint. Wann immer möglich, basieren die Empfehlungen auf wissenschaftlich gesicherten Daten. „Unser integrativer Ansatz soll dem Wohle der uns anvertrauten Patienten dienen“, erklären die beiden Herausgeber Prof. Lorenz Fischer und Dr. med. Elmar T. Peuker. „Mit dem Buch möchten wir die Informationsdefizite zwischen den mit Diagnose und Therapie betrauten Disziplinen abbauen sowie ein übergreifendes schmerztherapeutisches Verständnis im Sinne eines Behandlungsteams fördern“, so die Experten.

Integrative Ansätze sind gefragt

Rund 100 Mio. Bürger der EU leiden an chronischen Schmerzen. Darunter versteht man Schmerzen, die mindestens drei Monate bestehen oder nach vollständiger Heilung einer Verletzung fortbestehen. 63 Prozent der Schmerzpatienten leiden an Rückenschmerzen, 48 Prozent an Gelenkschmerzen, 30 Prozent an Genickschmerzen und 21 Prozent an Schmerzen aufgrund von Arthritis (Quelle). Prof. Günther Bernatzky, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), forderte kürzlich anlässlich der „European Week against Pain“ mehr multimodale Schmerztherapien, die Medikamente, Medizintechnik, physikalische Medizin, Psychotherapie und Komplementärmedizin aufeinander abstimmen und kombinieren. Aus komplementärmedizinischer Sicht sind Schmerzmedikamente jedoch nur eine Ultima Ratio, der letztmögliche Weg, da sie Schmerzen nur unterdrücken (nicht heilen) und das Risiko von Nebenwirkungen und Medikamentenabhängigkeit beinhalten. Einigkeit besteht unter Experten allerdings, dass integrative Ansätze gefordert sind, die unterschiedliche therapeutische Optionen berücksichtigen und auf die individuellen Besonderheiten von Patienten abgestimmt werden müssen. An erster Stelle steht das Wohl der Patienten und nicht die Präferenz für eine Therapie.

Homoeopathie_in_der_Schmerzbehandlung

Inhalt von Kapitel 18: Homöopathie in der Schmerzbehandlung, „Lehrbuch Integrative Schmerztherapie“, Haug, 24.08.2011

Patientennutzen steht im Vordergrund

Genau darum geht es auch den Herausgebern und Autoren des „Lehrbuchs Integrative Schmerztherapie“. Was genau welchem Patienten hilft, das hängt u.a. vom jeweiligen Krankheitsbild und dem subjektiven Schmerzempfinden des Patienten ab. Fischer und Peuker haben bewusst auch erfahrungsmedizinisch begründete therapeutische Sichtweisen und Empfehlungen zugelassen, bei denen nicht abschließend geklärt ist, in welchem Maße sie spezifisch oder unspezifisch wirken. Entscheidend ist ausschließlich, dass sie wirken und den Patienten nutzen. Welche starken therapeutischen Optionen jenseits von Schmerzmedikamenten bestehen, das erläutert Prof. Stefan Schmidt in einem ZEIT-Interview:

„Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Derselbe körperliche Stimulus kann mal als mehr, mal als weniger unangenehm und schmerzhaft erlebt werden. Wir verfügen über ein ausgefeiltes Netzwerk der Schmerzverarbeitung im Gehirn, das bestimmt, wie wir Schmerz wahrnehmen und wie wir darunter leiden“.

Weil die menschliche Psyche und unser Umgang mit Stress rund um die Entstehung chronischer Schmerzen eine große Rolle spielt, etabliert sich die „Achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung“ schon seit Jahren immer stärker. Diese Methode wurde vom Mediziner Jon Kabat-Zinn entwickelt und kommt heute in vielen Therapiezentrem zum Einsatz.

Homöoapthie in der Schmerztherapie

Mit dem „Lehrbuch Integrative Schmerztherapie“ wird die Homöpathie erstmals in einem etablierten Fachbuch zur Schmerztherapie als therapeutische Option berücksichtigt. Das spiegelt nicht nur die praktische Erfahrung vieler tausend homöopathisch arbeitender Ärzte und Heilpraktiker wieder. Auch in der wissenschaftlichen Literatur finden sich deutliche Hinweise darauf, dass Homöopahtie in einer ganzheitlich orientierten Schmerzbehandlung sinnvoll ist, da eine homöopathische Behandlung die Selbstregulationsfähigkeit des menschlichen Organismus stimuliert. Die Literaturdatenbank CAM-QUEST® listet in der Kategorie Homöopathie und Nervensystem im Moment 58 wissenschaftliche Untersuchungen auf. Neben kleinen Studien mit explorativem Charakter finden sich hier auch qualitativ hochwertige Arbeiten wie die Studie „Homeopathic treatment of patients with migraine: a prospective observational study with a 2-year follow-up period“ von Prof. Dr. med. Claudia M. Witt, Dipl.-Stat. Rainer Lüdtke und Prof. Dr. med. Stefan N. Willich aus dem Jahr 2010. Witt, Lüdtke und Willich untersuchten den Effekt individualisierter Homöopathie bei Patienten mit Migräne und kommen zu dem Fazit:

„In this observational study, patients seeking homeopathic treatment for migraine showed relevant improvements that persisted for the observed 24 month period. Due to the design of this study, however, it does not answer the question as to whether the effects are treatment specific or not.“

Spezifische und unspezifische Effekte

Die über einen Zeitraum von 24 Monaten untersuchten Migräne-Patienten profitierten nachhaltig von einer homöopathischen Behandlung. Das in der Versorgungsforschung zum Einsatz kommende Studiendesign (prospektive Beobachtungsstudie) lässt allerdings die Frage offen, ob der Patientennutzen durch spezifische und/oder unspezifische Effekte zu erklären ist. Den Patientinnen und Patienten, denen nachhaltig und klinisch relevant geholfen wurde, wird diese Frage egal sein. Im Vorwort ihres Lehrbuchs gehen Prof. Lorenz Fischer und Dr. med. Elmar T. Peuker wie folgend auf diese Frage ein: „Ob die Wirkung einzelner Verfahren als unspezifisch angesehen werden muss, ist im Einzelfall (noch) ungeklärt, für die Wirksamkeit häufig aber auch unerheblich.“ Entscheidend ist, was Patienten nützt.

Link zum Thema:

Leseproben „Lehrbuch Integrative Schmerztherapie“

– „Chronischer Schmerz bedroht unser Gesundheitssystem“, Pressemeldung der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), 12.10.2011

– Daten stammen von der Europäischen Schmerzgesellschaft bzw. European Federation of IASP® Chapters (EFIC), www.efic.org

„Lernen, mit dem Leiden umzugehen“, Ulrich Schnabel im Gespräch mit Prof. Stefan Schmidt, DIE ZEIT, 12.02.2011

Beitragsbild: ©Pixabay